Lederhose aus Hirschleder

Lederhose Hirschleder

Merkmale und Besonderheiten

Eine Lederhose aus Hirschleder ist die unangefochtene »Königin der Krachledernen.« Das liegt an der Seltenheit des verfügbaren Leders und an dessen besonderer, aufwändiger Vorbereitung vor der Verarbeitung zum Trachtenkleidungsstück. Ein Leben lang bleibt ein solches Unikat so unverwechselbar wie ein menschlicher Fingerabdruck und ein echtes, belastbares Festgewand.

Welches Leder wird für Krachlederne und Hirschlederne bevorzugt verwendet?

Für Trachtenlederhosen werden Leder von Schwein oder Rind, traditionell von Wildtieren des Alpenraums verwendet. Wildleder soll eine aufgeraute Oberfläche haben. Diese wird in Nubuk- und Veloursleder nach dem Grad der Rauheit unterschieden. Leder verändert seine Oberfläche während der Tragedauer farblich. Insgesamt fühlt es sich weich an, ist gleichzeitig strapazierfähig und abriebfest. Die folgenden Wildledersorten werden für Trachtenlederhosen bevorzugt verwendet:

Lederhosen aus Hirschleder

Traditionell stammt Hirschleder vom gleichnamigen Rot- und Damwild der deutschen, österreichischen und italienischen Alpenregion. In jüngerer Trachtenzeit wird auch hochwertiges Elchleder von den Wildtieren des hohen Nordens auf gleiche Weise verarbeitet und geschätzt. Lederhosen aus Hirschleder sind so teuer, weil es das Leder des Hirschs nur saisonal und nur selten gibt. Früher war die verarbeitete Qualität nur Brautleuten für ihr Hochzeitsdirndl oder hochrangigen kommunalen Würdenträgern vorbehalten. Auch in modernen Zeiten ist die Krachlederne aus Hirschleder das Goldnugget im Kleiderschrank, höchstens zum Tragen an hohen Feiertagen und Festlichkeiten des Volksbrauchtums erlaubt. Dabei zeichnet sich dieses besondere Wildleder durch unverwüstliche Strapazierfähigkeit aus. Durchaus wurden diese Trachtenlederhosen ursprünglich von einer Generation zur nächsten weitergegeben und so sehr lange gerne und intensiv getragen.

Trachtenhosen aus Rehleder

Rehleder stammt ebenfalls vom Rotwild. Es ist aber im Unterschied zum Hirschleder feiner und weicher, dadurch sensibler in der Verarbeitung. Beim Tragen entwickelt es ebenfalls eine typische Patina, aber weniger markant als die beim wilden Verwandten. Rehleder ist in der Beschaffung ähnlich selten wie Hirschleder. Deshalb entstehen aus dem sorgfältig bearbeiteten Rohstoff Festtrachten und Trachtenhosen ausschließlich in traditioneller Handarbeit. Die Veränderungen während der Tragedauer lassen sich mit denen anderer Wildledersorten vergleichen. Sie können wegen der besonders weichen Ausgangsqualität und der dünneren Lederdicke stärker ausfallen.

Krachlederne aus Gamsleder

Gamsleder stammt von Wildziegen, die in der Alpenregion heimisch sind. Diese Ledersorte ist flexibler und dünner als Hirschleder, allerdings auch weniger strapazierfähig. Die Patina auf Trachtenhosen aus Gamsleder sieht optisch deutlich ruhiger und gleichmäßiger als bei vergleichbaren Lederarten aus. Bestickt werden Lederhosen aus Gamsleder eher zurückhaltend, aber stets mit floralen Motiven der Alpen wie Eichenblatt oder Edelweißblüte.

Merkmale einer Hirschlederhose

Eine Krachlederne aus Hirschleder ist schon beim Anprobieren an der einzigartigen Beschaffenheit des Leders zu erkennen. Sie schmiegt sich dem Körper an, ohne einzuengen. Im Sommer kühlt die Innenseite, während im Winter Frost und Kälte nicht an den Körper herankommen. Das Außenmaterial ist eine Schicht Hirschleder aus sämischer Gerbung, also einem Gerbprozess ohne chemische Hilfsstoffe. Bis zur Verarbeitung vergeht für diese Vorbereitung beinahe ein Jahr. Unter dem Obermaterial ist oft eine dünne Schicht aus Futterleder eingearbeitet. Dieses stammt ebenfalls vom Hirsch, ist allerdings gespalten und deshalb hauchdünn. Nach längerem Tragen glatten manche Bereiche der Hirschlederhose aus. Sie lassen sich mit der Wildlederbürste ganz einfach wieder aufrauen. Die porige Struktur von Hirschleder ist deutlich feiner als die von anderen Wildledern oder gar von Rind und Kalb. Das Tragegefühl ist stets geschmeidig.

Jede Lederhose aus Hirschleder ist ein Unikat

Schon wegen der Seltenheit eines Hirschleders ist die Verarbeitung von Hand ein Muss. Das gilt nach dem Gerben auch für den passgenauen Zuschnitt, das Setzen traditioneller Säckelnähte, die Stickereien und den Einsatz von Accessoires – natürlich am besten von Hirschhornknöpfen. Trotz der Routine bei der Handfertigung von Hirschlederhosen ist jedes Stück etwas anders als das nächste. Gerade diese Unterscheidbarkeit macht die Eleganz dieser Lederhosenvariante aus. Ob kurz, knielang oder lang – die Krachlederne aus Hirschleder zeigt für Kenner sichtbar die Besonderheit des Materials und die Würdigung der Träger für die Herkunft des Rohstoffs.

So wird Hirschleder vorbereitet

Sämisch ist ein Fachbegriff unter Gerbern für ein besonders weiches Leder. Sämisch gerben bedeutet also, aus der Tierhaut des Hirschs ein geschmeidiges, anschmiegsames Leder für Bekleidung und Accessoires herzustellen. Früher war diese Gerbmethode normal. Heute gehört sie zum seltenen und nachhaltigen Handwerk. Nach der Reinigung der Tierhäute mit der Messerwalze ruhen die Häute im Äscher (Grube mit Weißkalk-Lauge). Heraus kommen nach einigen Wochen Blößen (gebleichte Tierhäute), die mehrmals gewaschen und am Ende kräftig gewalkt werden. Jetzt werden die Häute mit Fischtran für mehrere Stunden im Gerbfass gewalkt. Immer wieder folgen Trockentage und Walkstunden aufeinander. Am Ende entfernt ein Sodabad überschüssigen Tran. Danach erhält das Hirschleder durch Kneten im Millfass seine endgültige, weiche Struktur und in der Stollmaschine eine Streckung für die anschließend gewünschte Materialdicke vor Zuschnitt und Vernähen.

Preis und Haltbarkeit einer Hirschledernen

Mindestens 200 Euro kostet eine kurze, einfach geschnittene und dezent bestickte Hirschlederhose. Preise um die 500 Euro sind für Kniebundmodelle und bis zu 1.000 Euro für eine lange Lederhose aus Hirschleder üblich. Allerdings zeichnet sich jedes dieser Unikate durch seine umweltfreundliche Herstellung, nachhaltige Lebensdauer und optimale Verträglichkeit selbst auf der Haut von Allergikern aus. Sie überlebt ihre Besitzer nicht selten und kann nach der Haltbarkeit durchaus bei richtiger Pflege als Generationen-Erbstück beschrieben werden.

Sind Lederhosen aus Hirschleder immer von Hand gemacht?

Für die fachgerechte Be- und Verarbeitung von Hirschleder gibt es noch kein maschinelles Verfahren, welches mit so wenig Abfall und so hochwertigem Ergebnis Unikate schaffen kann. Deshalb sind in den Alpenregionen nur wenige Familienbetriebe auf den sorgsamen Umgang mit dem wertvollen und seltenen Rohstoff spezialisiert. Wo auch immer also eine Hirschlederhose im Schaufenster hängt, wurde sie garantiert von Hand gereinigt, gegerbt, aufgeraut, zugeschnitten, vernäht und bestickt.

Pflege einer Lederhose aus Hirschleder

Richtige Pflege einer Hirschlederhose beginnt mit der Aufbewahrung. Sie kann zusammengelegt oder für besondere Materialschonung hängend aufbewahrt werden. Auf keinen Fall darf das schöne Unikat in eine Plastiktüte gepackt werden – dort könnte das Hirschleder nicht atmen und würde so bei längerem Verbleib verderben. Flecke vom Biergarten, ein Regenschauer auf dem Heimweg oder Tintenflecke vom Nachwuchs verschwinden mit traditionellen Hausmitteln (Wasser trocken abtupfen, Kuliflecke mit dem Radierer entfernen, Fettflecke mit Babypuder absaugen) zuverlässig. Natürliche Alterungsflecke heißen Patina und dürfen keinesfalls entfernt werden. Sie verleihen dem Hirschleder erst die rechte Würde, die seiner Seltenheit und Herkunft gerecht wird.

Das Leder bleibt geschmeidig, wenn es nur gelegentlich Sonnenlicht ausgesetzt, von Sonnencreme und chemischen Substanzen ferngehalten und gelegentlich mit einer Wildlederbürste nach Schmutzattacken wieder aufgeraut wird. Ansonsten verzeiht das Material alle Situationen des Lebens bei immer edlem Aussehen. Auch das Tragegefühl bleibt ein Leben lang geschmeidig, mit den begehrten kühlenden und wärmenden Eigenschaften zu allen Jahreszeiten.

Fazit

Eine Lederhose aus Hirschleder ist eine Anschaffung für ein ganzes Leben. Jedes Stück wird traditionell von Hand gefertigt, das Leder des Wildes wie seit Urzeiten ohne chemische Zusätze sämisch gegerbt. Da die Krachlederne dieser Qualität mitwächst, sind spätere Änderungen fast nie nötig und sollten am besten in der Werkstatt vorgenommen werden, in der auch die Hose ursprünglich angefertigt wurde.

Foto: Depositphotos.com @ Animaflora-PicsStock

By Wolfgang Bartl

Ing. Wolfgang Bartl schreibt als freier Redakteur für diverse Online Magazine zu den Themen Sauna, Armbanduhren, Tiere und Mode (insbesondere Trachtenmode).

Related Posts