Tradition und Moderne in gekonnter Harmonie
Nicht nur im Herbst mit seinen Volksfesten erfreut sich die Tracht einer enormen Beliebtheit. Auch rund um das Jahr wird Trachtenbekleidung nicht nur von besonders traditionsbewussten Menschen immer wieder gerne getragen. Doch auch hier hält die Moderne Einzug. Auch Trachten unterliegen Veränderungen und greifen bestimmte Trends zumindest zeitweilig auf. Aber wie sieht es eigentlich mit der Jeansjacke aus? Passt der Dauerbrenner unter den Sommer- und Übergangsjacken auch zu Kniebundhose, Dirndl und Hirschlederner?
Tracht und Jeans kann doch nicht passen! – Oder etwa doch?
Auf den ersten Blick würden die meisten Menschen vermutlich ein klares Statement gegen die Jeansjacke über einer Tracht abgeben. Das moderne, lässige Kleidungsstück kann einfach nicht zur traditionsbewussten Trachtenmode passen.
Wirf man dagegen einen genaueren Blick auf die Kleidungsstücke, zeigen sich rasch Gemeinsamkeiten, die die Kombinationsmöglichkeiten doch nicht mehr so abwegig erscheinen lassen.
Zunächst einmal schafft die jeweilige Entstehung von Jeans und Tracht bereits große Gemeinsamkeiten. Trachten sind traditionelle Kleidungsstücke oder viel mehr komplette Ausstattungen, die sich in aller Regel stark an der ursprünglichen Arbeitskleidung der Bevölkerung orientieren. Zumeist stark ländlich geprägt, verlieh die regionale Landwirtschaft mit ihren typischen Erzeugnissen und damit verbundenen Anforderungen an eine funktionale Bekleidung der zugehörigen Tracht ihre typische Optik.
Man mag es glauben oder nicht, auch der Jeans ging es letztlich genauso. Ursprünglich als robuste Arbeitskleidung entwickelt, wandelten sich Hose wie Jacke in der Nachkriegszeit zunächst zur Kleidung von Nonkonformisten und jugendlichen Rebellen, später zur Alltagskleidung. Immer wieder liefern Designer neue Ideen und machen Jeans zum echten „it-piece“, zum Kleidungsstück, das man haben muss. Tracht und Jeansjacke harmonieren damit in ihrer Entstehung aus der klassischen Arbeitskleidung und in ihrem inhaltlichen Wandel hin zum Statement.
Hip und modern, gleichzeitig aber schon wieder traditionell – Gute Gründe für Jeansjacken zur Tracht
Aber auch abseits von Entstehungsgeschichte und Bedeutung finden sich vom ersten Blick bis ins Detail zahlreiche gute Gründe, warum die Jeansjacke der Tracht nicht entgegensteht, sondern in vielen Punkten sogar geradezu perfekt harmoniert:
Traditionelle Stoffe statt Kunststoff und Funktionstextilien
Selbst normale Alltagskleidung ohne besondere funktionale Anforderungen bestehen heute zu immer größeren Teilen aus Kunstfaser oder sogar speziellen Kunststoffen. Der einfache Gang zum Supermarkt mutet vielfach an wie die Erstbesteigung des höchsten Gipfels und die Fahrt zum Kindergarten wird zur Expedition in den Urwald. Nicht so mit einer Jeansjacke. Aus Baumwolle erstellt, ist der Stoff robust und widerstandsfähig, wie es für die ursprüngliche Funktion als Arbeitskleidung auch nötig war.
Heute überzeugen Optik und Haptik des Stoffs mit einem natürlichen Eindruck ganz ohne Kunststoffe und andere künstliche Produkte oder Materialien. Damit passt er insgesamt hervorragend zur Tracht. Denn unbeachtet moderner, trendiger Interpretationen, setzt die klassische Tracht ebenfalls auf traditionelle Materialien. Leder, Leinen und Wolle sind seit Jahrhunderten bekannt und bewährt und finden sich in der Trachtenmode nach wie vor als die zentralen Materialien mit historischem Bezug wieder.
Sie stellen fest, Jeansjacken und Trachten setzen zwar auf völlig verschiedene Materialien. Sie gleichen sich aber in ihrem natürlichen Ursprung und Ausdruck und ihrer robusten, bodenständigen Beschaffenheit.
Von klassisch bis hip – Ergänzung oder Kontrast zur Tracht
Obwohl man allgemein von „der Jeansjacke“ spricht, ist dieses Kleidungsstück enorm vielfältig. Bei Farbe, Schnitt, Materialität und Accessoires bietet die Jeansjacke eine Fülle an Möglichkeiten, die letztlich dazu führen, dass für Jeden Wunsch die passende Jeansjacke gefunden werden kann.
Ein besonders figurbetonter Schnitt der Jacke kann beispielsweise die Silhouette des Mieders nochmals betonen, wohingegen ein lockerer, legerer Schnitt einen gekonnten, spannungsreichen Kontrast zur Klassischen Linienführung bietet.
Wie vor allem von den Jeanshosen bekannt, bietet Jeansstoff neben einer steigenden Auswahl an Farben auch verschiedenste weitere Stoffmerkmale zur Wahl. So kann Jeansstoff neu und beinahe edel in Erscheinung treten, andererseits aber auch über Effekte wie „Stone washed“ oder Cutouts seine robuste Qualität und seinen Ursprung aus der Arbeitswelt in den Vordergrund stellen.
Damit lassen sich ebenfalls entweder klassische, edlere Trachten unterstützen oder bewusste Gegensätze erzeugen. Beispielsweise kann eine lockere Jeansjacke im used-look gut mit der Patina einer oft getragenen Hirschledernen harmonieren und das kernige, robuste Erscheinungsbild eines echten Naturburschen unterstützen.
Zuletzt bleibt natürlich noch die große und vielfältige Welt der Accessoires. Knöpfe, Bestickungen oder Aufdrucke sind nur einige der Möglichkeiten, mit denen die Jeansjacke eine eigene, dem Anlass und der gewählten Trachtenmode angemessene Erscheinung annehmen kann.
Darüber hinaus ermöglicht eine eher schlichte Jacke die Verwendung von Broschen, Anstecknadeln und sonstigen trachtennahen Schmuckstücken und schafft so einmal mehr eine Verbindung mit dem Thema Tracht und damit eine harmonische Gesamterscheinung. Natürlich besteht auch hier erneut die Möglichkeit bewusster Kontraste und Gegensätze. Wie wäre es beispielsweise einmal mit einer Jeansjacke mit modernen Details, die in den bewussten Gegensatz zur Tracht darunter treten?
Ein Hirschkopf aus Glitzersteinen, Pailletten oder Nieten greift etwa trachtennahe Motive auf, setzt diese aber mit Mitteln völlig anderer Themenwelten in einer eigenen Art und Weise um.
Robust und Warm – damit auch der Weg zum Festzelt keine Tortur wird
Jeansstoff ist robust und solide. Und je nach Dicke schützt er nicht nur vor leichten Winden und ein paar Grad weniger, sondern sogar vor dem einen oder anderen Regentropfen. Gleichzeitig tritt die Jeansjacke gerade nicht als unansehnliche Regenjacke in Erscheinung. Sie ist eben gerade nicht die sprichwörtliche Plastiktüte, die man über ein eigentlich gelungenes Trachten-Outfit stülpt, um nass und trocken ins Festzelt zu kommen.
Stattdessen integriert sich die Jeansjacke perfekt in das Gesamterscheinungsbild und bereichert damit neben dem Aussehen auch die Funktionalität. Man könnte also ohne Übertreibung behaupten, dass Jeans den Spagat zwischen Optik und Funktionalität gelingt, selbst wenn im funktionalen Bereich gegenüber echter Funktionsbekleidung natürlich Abstriche hinzunehmen sind.
Aber wer möchte schon in seiner Tracht bei Regen und Sturm Berge erklimmen oder lange Wanderungen unternehmen? Das Zauberwort heißt hier ganz klar „angemessen“. Denn die Jeansjacke verbindet für die Kombination mit einer Tracht angemessene optische Möglichkeiten mit einem angemessenen Schutz für alles, was Sie in Ihrer Tracht normalerweise im Freien tun.
Wer trägt Jeans zur Tracht? Die richtigen Jacken für Sie und Ihn
Eine der zentralen Fragen rund um die Jeansjacke in der Welt der Trachten ist sicherlich, wer sie denn eigentlich tragen kann? Ist die Jeansjacke für Jede und Jeden geeignet?
Diese Frage lässt sich erst einmal einfach beantworten. Durch ihre hohe Variabilität eignet sich die Jeansjacke perfekt, um in verschiedenster Art und Weise mit traditionellen oder auch modernen Trachten kombiniert zu werden. Von dezent und zurückhaltend bis laut und schrill ist die volle Bandbreite möglich, um die jeweils gewünschte Aussage zu unterstreichen.
Weit schwieriger ist dagegen die Frage, welche Jacke letztlich die „richtige“ ist. Auf diese Frage gibt es sicherlich keine allgemeingültige oder sogar abschließende Antwort. Denn auch im Einzelfall gibt es immer mehrere Möglichkeiten der Kombination. Trotzdem lassen sich einige allgemeine Aussagen treffen, welche Jacke das Potential zur Bereicherung hat und welches Kleidungsstück das Outfit sprengen würde.
Jeansjacken richtig kombinieren – So gelingt der Crossover
Ganz grundsätzlich lassen sich für Jeansjacken zur Trachtenmode dieselben Zusammenhänge feststellen, wie sie allgemein in der Mode gelten. Eine Silhouette mit ausgeprägten weiblichen Rundungen profitiert etwa von einer etwas weiter geschnittenen Jeansjacke, sofern der Schnitt nicht zu rund im Sinne eines Blousons gehalten ist. Etwas längere Jacken könne dagegen die eine oder andere Problemzone kaschieren und die Gesamterscheinung abrunden.
Anders sieht es dagegen beim Mann aus. Wer Kniebundhosen oder Hirschlederne trägt, sollte auf zu weite und zu lange Jackenschnitte verzichten. Gerade in Kombination mit kürzeren Hosen geht sonst rasch die Verhältnismäßigkeit von Bein- und Torsolänge verloren und das Ganze wird unstimmig und unproportional.
Bei der Optik und den Accossoires gilt allgemein, erlaubt ist, was gefällt. Allerdings sollte das Outfit später zum jeweiligen Anlass passen und gut aufeinander abgestimmt sein. Ist schon die Tracht selbst modern und ausdrucksstark, kann eine ebenso ausdrucksstarke Jacke schnell zu viel werden. Andererseits wirkt eine eher klassische Tracht mit einer zurückhaltenden Jacke leicht bieder und langweilig.
Auch kann eine Kombination bei einem Event angemessen, bei einem anderen dagegen unstimmig wirken. Es kommt also auch darauf an, wozu Sie Ihre Tracht mit Jeansjacke tragen. Was auf dem Volksfest gefällt, kann beim regionalen Trachtentag rasch überzogen hipp und modern wirken und umgekehrt.
Fazit
Jeansjacke und Trachtenmode schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil! Stimmig kombiniert, kann die bekannte und beliebte Jacke das Outfit aufwerten und bereichern. Ob gewollter Stilbruch oder dezente Kombination – die Möglichkeiten sind vielfältig. So findet sich für sie und ihn für jeden Anlass die passende Jacke. Der große Vorteil dabei ist, dass die Jeansjacke so alltagstauglich ist, dass sie auch ohne Tracht immer eine gute Figur macht. So wird Ihr it-piece aus dem Alltag gleichzeitig zum treuen Begleiter, wenn Sie in der Tracht unterwegs sind.
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